Warum Provisionen problematisch sind, Interessenskonflikte auslösen und die Riester-Reform ein Paradebeispiel dafür werden könnte
Die wichtigste Frage: Wer profitiert wirklich von der Riester-Reform?
Sind es die Sparer:innen, die eine günstige Altersvorsorge suchen, oder die Berater:innen, die durch hohe Provisionen Geld verdienen?
Jeder, auch Politiker:innen, sollten sich diese Frage bei der Umsetzung des Gesetzes stellen. Aber kommen wir erst einmal zu den Provisionen.
Provisionen führen zu Interessenskonflikten, weil Berater:innen oft nicht im besten Interesse der Kund:innen handeln, sondern Anreize haben, teurere Produkte zu verkaufen, für die sie höhere Provisionen erhalten. Das bedeutet, dass Sparer:innen häufig Verträge abschließen, die höhere Kosten verursachen und nicht die besten Renditechancen bieten. Die Beratung scheint zwar kostenlos zu sein, weil der Berater vom Anbieter bezahlt wird, aber diese Kosten werden letztlich durch höhere Gebühren an die Kund:innen weitergegeben.
Riester-Verträge, die auf Provisionsbasis abgeschlossen werden, sind oft jahrelang im Minus. Das heißt, der Vertragswert ist niedriger als das, was du eingezahlt hast. Das liegt daran, dass die Provision für den Vermittler:innen sofort an ihn ausgezahlt wird und die Versicherung diese Provision in den ersten fünf Jahren ein zu eins von deinen eingezahlten Beiträgen abzieht. Bei einem Jahresbeitrag von 2.100 € kommen so teilweise nur 1.400 – 1.500 € wirklich als Sparbetrag in deinem Vertrag an.
Um die Interessenskonflikte klar aufzuzeigen, die die Riesterreform bei Provisionsberater:innen, die 99,8% des Beratermarkts in Deutschland ausmachen, also Finanzvertriebler, Banker, Versicherungsmakler und viele mehr, wollen wir sie ganz konkret benennen.
Interessenskonflikte die durch die Riester-Reform entstehen:
1. Konflikt, wenn dir dein Provisionsberater die Depotvariante mit 0 % Garantie empfiehlt:
Ein möglicher Interessenskonflikt besteht darin, dass für die Versicherungsvarianten bei einem Neuabschluss bis zu 4.800 € Abschlussprovision gezahlt werden könnten. Für die Depotvariante, beispielsweise bei Neobrokern wie Scalable, Trade Republic oder Smartbroker, gibt es hingegen nur eine Tippgeber-Pauschale von maximal 50-150 €. Das macht die Depotvariante für Berater:innen finanziell weniger attraktiv.
2. Konflikt, wenn dir dein Provisionsberater den Umstieg auf Riester 2.0 empfiehlt:
Würde ein Umstieg auf die 0 %-Garantie-Depotvariante für eine risikoaffine Person sinnvoll sein, der Kunde aber noch einen Riester 1.0 Vertrag bei einem Provisionsberater hat, der vielleicht erst ein Jahr alt ist, müsste der Berater einen großen Teil seiner Provision zurückzahlen, da dies als „Storno“ gelten könnte. Solch eine Empfehlung würde also mit einem direkten Verlust für den Vermittler*in bedeuten und wäre somit sehr “schmerzhaft”.
3. Konflikt, wenn dir dein:e Provisionsberater:in, die alte Variante beizubehalten empfiehlt:
Ein weiterer Interessenskonflikt besteht, wenn der alte Riester 1.0 Vertrag schon älter ist und noch gute Vertragsbedingungen hat, wie z. B. hohe Rentengarantiefaktoren. In einem solchen Fall wäre ein Wechsel wahrscheinlich nicht sinnvoll. Ein Provisionsberater könnte jedoch bei einem Wechsel zu einem Riester 2.0 Versicherungsprodukt neue Abschlussprovisionen verdienen. Wer gewinnt in diesem Fall – das Gewissen des Beraters oder sein Portemonnaie?
Zudem gibt es noch einen weiteren Interessenskonflikt. Ältere Verträge enthalten oft andere, meist höhere Kalkulationsgrundlage für Abschlussprovisionen als neuere, reguliertere Verträge. So könnte also für die Erhöhung eines alten Riester 1.0 Vertrags mehr Provision fließen als für den Abschluss eines neuen Riester 2.0 Vertrags.
4. Konflikt, wenn dir dein Provisionsberater eine Erhöhung oder den Wechsel zu Riester 2.0 mit 0 % oder 80 % Garantie empfiehlt:
Wie unsere Beispielrechnungen gezeigt haben, verspricht die Riester-Rente 2.0 in vielen Varianten eine höhere Förderung. Wenn sich der Kunde jedoch für eine 0 % Garantie-Depotvariante interessiert, könnte der Provisionsberater leer ausgehen. Eine Erhöhung des Riester 1.0 Vertrags von 2.100 € auf 3.500 € würde hingegen etwa 1.200 € neue Provision bringen. Kann der Berater bei dieser Aussicht wirklich neutral beraten?
Du siehst also, dass durch die Riester-Reform klare Interessenskonflikte bestehen, insbesondere für Provisionsberater:innen. Die finanzielle Motivation der Berater:innen könnte dazu führen, dass dir Empfehlungen gegeben werden, die eine höhere Provision versprechen.